Amphibien und Reptilien

Unverzichtbare Partner in unserem Ökosystem

21 Arten Amphibien wie Salamander, Molche, Frösche, Kröten, Unken, Schleichen finden sich in Deutschland, davon leben 14 Arten auch im Land Brandenburg, in unserem Wirkungskreis kommen nur noch zehn Arten vor. Reptilien – Eidechsen, Schildkröten und Schlangen – bringen es in Deutschland  auf 15 Arten. Im Land Brandenburg sind aktuell acht Arten nachgewiesen, in unserem Landkreis immerhin noch sechs.

 

Beide Tierklassen, besonders aber die auf Wasser angewiesenen Amphibien, sind durch die Veränderungen der Landschaften und den Klimawandel stark bedroht. Fallen sie als Akteure im Ökosystem aus, hat das erhebliche Auswirkungen auf andere Arten in beiden Richtungen der Nahrungskette.

 

Artenbetreuer: Claudia Kronmarck, Ralph Mech, Horst Stolze, Manfred Wolf


Amphibien

Bedrohte Arten zwischen Wasser und Land

Der Lebensraum von Amphibien besteht aus zwei Teillebensräumen: dem Laichgewässer und dem Landlebensraum, der als Winterquartier und von einigen Arten als Nahrungsgebiet genutzt wird. Beide Teillebensräume sind von gleichwertiger Bedeutung.

Flache, gut besonnte, fischfreie Kleingewässer wie Tümpel, Weiher, Sölle, Grubengewässer und überstaute Wiesensenken sind die hochwertigsten Lebensräume.
Für die Nahrungssuche bevorzugen Amphibien kurzgrasige Flächen wie Gewässerrandstreifen. Als Winterquartier sind Bereiche mit reichlich Reisig, Totholz und Laub, vor allem mit zahlreichen Hohlräumen besonders geeignet. Das können Reisig- oder Komposthaufen, aber auch eher ungewöhnliche „Sonderbiotope“ wie Gebäuderuinen oder Schutthaufen sein. Wichtig ist, dass die Amphibien unter günstigen Bedingungen, also bei der richtigen Temperatur und Feuchte, sowie vor Fressfeinden (Prädatoren) geschützt ihre Winterruhe verbringen können.

Ganzjahreslebensraum © N.Schneeweiß
Ganzjahreslebensraum © N.Schneeweiß

Ideal für stabile Amphibienpopulationen ist es, wenn Laichgewässer und Landlebensraum in unmittelbare Nähe zueinander liegen, und keine Verkehrstrassen die Teillebensräume zerschneiden.

Das Frühjahr ist die Hauptaktivitätszeit unserer Amphibien. Jetzt verlassen sie ihre Winterquartiere und suchen das Laichgewässer auf, um sich fortzupflanzen. Das Ablegen ihrer Eier (Laich) geschieht auf recht unterschiedliche Weise – als Laichballen, Laichschnur oder einzeln.


Amphibienschwund

In den letzten Jahren nimmt die Zahl der Amphibien in Deutschland dramatisch ab. Verantwortlich dafür ist der zunehmende Lebensraumverlust, wie das dauerhafte Austrocknen von Laichgewässern oder Bebauung und Flächenversieglung, aber auch die starke Zunahme verschiedener Prädatorenarten, vor allem der Waschbären, sowie das gehäufte Auftreten von Amphibienkrankheiten.

Häufig werden tradierte Tierwanderwege zwischen Winterquartier und Laichgewässer durch Straßen und andere Bauten zerschnitten, der zunehmende Verkehr führt darüber hinaus zu höheren Opferzahlen.

Auf der Oranienburger Straße Am Kanal ist dieser Konflikt zu beobachten. Obwohl die Stadtverwaltung auf Initiative mehrerer Anwohner und engagierter Oranienburger Herpetologen ein LKW-Fahrverbot und eine Tempo-30-Zone eingerichtet hat, kommt es hier weiterhin zu hohen Tierverlusten durch Verkehrstod. Die Bürgerinitiative und Herpetologen suchen gemeinsam nach wirksameren Artenschutzmaßnahmen, die aber gerade im Stadtraum besonders schwierig zu finden und noch schwieriger umzusetzen sind.


In Oberhavel ausgestorben

Laubfrosch und Rotbauchunke

Der Laubfrosch ist in unserem Landkreis bereits in den letzten hundert Jahren ausgestorben. Seine Alt-Nachweise stammen aus dem Naturschutzgebiet Kremmener See, einem der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands. Dagegen sind die weit klingenden Chöre der Rotbauchunke erst im letzten Jahrzehnt immer seltener geworden oder sogar für immer verstummt. Die letzten Vorkommen dieser Art waren bei Vehlefanz bekannt. Für beide Arten ist die extreme Verschlechterung oder/und der Verlust des gut geeigneten Lebensraums der Grund für den starken Rückgang bzw. für ihr regionales Aussterben.


Arten im Porträt

Teichmolch und Kammmolch

Die zwei Schwanzlurcharten, der Teichmolch Lissotriton vulgaris und der Kammmolch Triturus cristatus, sind in unserem Landkreis aktuell nachgewiesen. Der kleinere von beiden, der Teichmolch, 6 bis 10 cm Körperlänge und von brauner Färbung, ist noch recht häufig und kann mitunter auch in Gartenteichen vorkommen. Dagegen ist der deutlich größere Kammmolch von 11 bis 14 cm Körperlänge und schwarzer Färbung viel seltener. Während der Paarungszeit trägt das Männchen einen markanten hohen Rückenkamm und einen perlmuttfarbigen Schwanzstreifen. In diesem Prachtkleid ähnelt er, im Wasser schwimmend, einem Wasserdrachen.


Erdkröte

Die Erdkröte (Bufo bufo), 6 bis 10 cm Körperlänge (die Weibchen sind deutlich größer) und von brauner Färbung, ist eine hier (noch) häufige Art. Sie ist ein Frühlaicher und wandert, wie alle Amphibienarten, meistens bei feucht-warmer Witterung zu ihren Laichgewässern. Häufig wartet das Männchen an Land, vor dem Laichgewässer, auf ein Weibchen, umklammert es und lässt sich von ihm zum Gewässer tragen. Müssen sie auf ihrer Wanderung eine Straße überqueren, so ist das für beide lebensgefährlich.


Wechselkröte und Kreuzkröte

Zu den Pionierarten unter den Lurchen zählen die Wechselkröte Bufo virides, ca. 7 cm Körperlänge und grün-grau gefleckt, und die Kreuzkröte Bufo calamita, ca. 4,5 bis 7,5 cm Körperlänge und mit markantem gelbem Aalstrich auf dem Rücken (Kreuz). Sie besiedeln Extrem-Lebensräume. Ursprünglich waren beide Arten Bewohner unserer Flußauen, als diese noch eine natürliche Dynamik besaßen. Hier lebten sie in flach überstauten, vegetationsfreien Spülsäumen. Seitdem unsere Flußläufe begradigt und eingedeicht sind, existieren diese Lebensräume in unserem Land nicht mehr. Aus diesem Grunde haben beide Arten andere Lebensräume, vor allem in Tagebauen wie Kiesgruben erobert. Diese besonderen Habitate werden auch als Sekundärlebensräume oder Lebensräume aus zweiter Hand bezeichnet. Wegen ihrer Habitat-Spezialisierung sind beide Arten inzwischen recht selten und man kann ihre schrillen Rufe nachts mit etwas Glück nur aus einigen Kiesgrubengewässern hören.


Reptilien

Scheue Schuppentiere

Am ehesten begegnet man ihnen an sonnenbeschienenen Plätzen: Schlangen, Eidechsen, Schleichen und Schildkröten sind wechselwarm und regulieren ihre Körpertemperatur gern über ein Sonnenbad. Gefährlich sind die beschuppten Tiere in unseren Breiten nicht – giftig ist keine der hier lebenden Arten. Während Eidechsen sich auf Insekten, Würmer und andere Gliedertiere als Nahrung spezialisiert haben, verschmähen die heimischen Schlangen auch Amphibien und Eidechsen nicht. Auch die Schildkröten ernähren sich carnivor.

Wie bei den Amphibien sind es die fortschreitende Zerstörung und Zerschneidung der Lebensräume, die ihre Bestände gefährden. Wo einst strukturreiche Landschaften vorherrschten, herrschen heute monotone Agrarlandschaften mit gemähten Randstreifen vor. Verstecke in Totholz, Trockenmauern und Hecken sind verschwunden. Umso wichtiger ist die Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten in ungestörten, geschützten Biotopen.


In Oberhavel ausgestorben

Kreuzotter

Kreuzotter © NABU/A.Schüring
Kreuzotter © NABU/A.Schüring

Unsere einzige einheimische Giftschlange, die Kreuzotter (Vipera berus), gilt in unserem Landkreis als ausgestorben. Die nahesten aktuellen Populationen leben im Landkreis Havelland und im nördlich angrenzenden Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts galt sie als die häufigste Landschlange Preußens. Wegen ihrer Giftigkeit setzte der Staat Kopfgelder auf erschlagene Ottern aus. Dieses mörderische Kopfgeld wurde auch allen anderen Schlangenarten zum Verhängnis, auch Schlingnattern, Ringelnattern, ja sogar Blindschleichen wurden erschlagen und als Kreuzottern abgerechnet.


Arten im Porträt

Ringelnatter

Ringelnatter © NABU/R.Weiß
Ringelnatter © NABU/R.Weiß

Eine häufige Reptilienart ist die Ringelnatter (Natrix natrix), unsere einzige Wasserschlange. Farblich variiert sie zwischen schwarz , anthrazit, braun und olivgrün. Charakteristisch sind die beiden gelben Nackenflecken, die wie zwei Halbmonde aussehen. Die Weibchen können um die 80 cm groß werden, einige auch etwas größer, während die Männchen selten länger als 70 cm werden. Sie ernähren sich vor allem von Amphibien und jagen im Wasser. Ihre Eier legt die Ringelnatter gerne in Haufen von angerotteten Blättern, aber auch in Komposthaufen ab und nutzt deren Wärme zum Ausbrüten ihres Geleges.


Schlingnatter

Schlingnatter © NABU/K.Scheuermann
Schlingnatter © NABU/K.Scheuermann

Eine deutlich seltenere Schlange ist die Schlingnatter (Coronella austriaca), die hellbraun gefärbt  und deutlich kleiner als die Ringelnatter ist. Sie erreicht eine Länge von maximal 60 cm. Ihr wissenschaftlicher Name bedeutet „Krönchen Österreichs“, weil sie am Hinterkopf eine offene halbrunde Kronenzeichnung trägt und ihre Erstbeschreibung in Österreich erfolgte. Sie ernährt sich hauptsächlich von Eidechsen, frisst aber auch junge Mäuse. Die Weibchen gebären ihre Jungen lebend in einer sehr dünnen Hauthülle, die diese nach der Geburt durchstoßen.


Blindschleiche

Blindschleiche © NABU/R.Weis
Blindschleiche © NABU/R.Weis

Die Blindschleiche (Anguis fragilis) sieht wie eine Schlange aus, gehört aber zu den Schleichen. Sie wird auch als beinlose Echse bezeichnet und kann, im Gegensatz zu den Schlangen, ihre Augenlider bewegen. Blindschleichen haben eine hellgraue bis hellbraune Färbung und können 30 bis 40 cm groß werden. Die Weibchen sind ebenfalls lebendgebährend. „Fragilis“ in ihrem wissenschaftlichen Namen bezeichnet ihre besondere Eigenschaft, bei Gefahr den Schwanz abzuwerfen. Dieser führt nach dem Abwurf ein Eigenleben fort und soll den Fressfeind vom Tier ablenken. Die Blindschleiche gilt als häufig. Aufgrund ihrer heimlichen Lebensweise unter verschiedensten Verstecken (Totholz, Bretter, Steinen, Betonbruch, Planen) ist sie selten zu sehen und nachzuweisen.


Zauneidechse

Zauneidechsen © NABU/W.Mayer
Zauneidechsen © NABU/W.Mayer

Eine (noch) häufige Eidechsenart ist die Zauneidechse (Lacerta agilis), deren Männchen und Weibchen aufgrund ihrer Färbung gut zu unterscheiden sind. Die Männchen tragen zur Paarungszeit eine leuchtend grüne Farbe. Dagegen sind die Weibchen schlicht hellbraun gefärbt. Beide Geschlechter zeigen auf ihren Flanken Augenflecken und sind aufgrund ihrer Färbung gut von unserer zweiten relativ häufigen Eidechsenart, der Waldeidechse, zu unterscheiden. Zauneidechsen können eine Gesamtlänge von 16 bis 20 cm erreichen. Die Weibchen platzieren ihre Gelege in offenen Sandstellen und lassen die Eier von der Sonne ausbrüten.


Waldeidechse

Waldeidechse © NABU/B.Sunerhaus
Waldeidechse © NABU/B.Sunerhaus

Waldeidechsen (Zootoca vivipara) sind deutlich kleiner als Zauneidechsen, sie erreichen nur eine Gesamtlänge von bis zu 14 cm. Männchen und Weibchen tragen eine braune Körperfarbe und sind auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Weitere Trivialnamen sind Bergeidechse in den Gebirgslagen und Mooreidechsen, weil die Art häufig in Mooren vorkommt. Sie ist eine gute Schwimmerin. Ihre Weibchen können sowohl lebend gebären, als auch Eier legen. Bei uns pflanzt sie sich lebend gebärend fort.


Europäische Sumpfschildkröte

Europäische Sumpfschilkröte © NABU/H.Pollin
Europäische Sumpfschilkröte © NABU/H.Pollin

Eine sehr erfreuliche Besonderheit stellt das Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) im Nordbereich unseres Landkreises dar. Die Schildkröte ist fast schwarz, nur Beine und Hals tragen gelbe Fleckenmuster, die sie deutlich von ihren Artgenossen unterscheidet. Die Weibchen sind etwas größer als die Männchen. Ihr Rückenpanzer kann bis zu 20 cm lang werden. Ein Großteil ihres Lebens verbringt die Sumpfschildkröte in ihrem Wohngewässer. Die Weibchen verlassen dieses nur im Frühjahr, um ihre Eier an sandigen Stellen, oft an südexponierten Hanglagen, abzulegen. Das Überleben ihrer Art sichern Sumpfschildkröten durch ihre hohe Lebenserwartung von bis zu 100 Jahren.


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Ihre Lebensweise macht es schwer, Amphibien und Reptilien systematisch zu beobachten. Nachweise gründen bislang fast ausschließlich auf Zufallsfunden. Um bedrohte Arten besser schützen zu können, müssen wir mehr über ihre Verbreitung wissen. Mit einer Fundmeldung hilfst du, die Vorkommen verschiedener Amphibien- und Reptilienarten in Brandenburg besser einschätzen zu können.